Donnerstag, 6. Juli 2006

Hollywood und Pornos

Barry Sonnenfeld hat neun abendfüllende Porno-Filme in neun Tagen gedreht. Dann wurde er Kameramann der Coen-Brüder. Heute gehört er als "Men In Black"-Regisseur zur führenden Blockbuster-Riege Hollywoods.

Barry Sonnenfeld ist in der Traumfabrik ein Einzelfall. Nur ganz selten ist es Filmemachern aus der Porno-Branche bisher gelungen, in die "ernsthafte" Filmindustrie zu wechseln und dort Karriere zu machen. Doch das ändert sich jetzt: Die Grenzen zwischen Hollywood-Entertainment und Porno verschwimmen immer mehr.

Doppelter Preisregen
Zu den aktuellen Geheimtipps im US-Arthouse-Kino gehört "Quinceanera", ein einfühlsames Teenager- und Familiendrama, das beim angesehenen Sundance-Filmfestival heuer den großen Preis der Jury und einen Publikumspreis gewann.

Die Trophäen kann sich Koregisseur Wash Westmoreland im Regal neben seine zahlreichen "GayVN Awards" - die "Oscars" der Homosexuellen-Filmbranche - für frühere Filme wie "The Hole" und "The Florida Erection" (man beachte die politische Anspielung) stellen.

Ruf nicht gelitten
"Wir wollten schon immer einen Film wie diesen produzieren. Dass wir das Geld dazu im Porno-Geschäft gemacht haben, hat sich eben so ergeben", erklärte Nicholas Boyias, der "Quinceanera" finanzierte, jüngst in der "Los Angeles Times".

Für ihn als Filmemacher sei die Arbeit im Hardcore-Business eine unbezahlbare Erfahrung gewesen, so Westmoreland, der sich die Regie mit seinem Partner Richard Glatzer teilte. Er habe stets die Freiheit gehabt, innerhalb des Genres zu experimentieren.

Und im Gegensatz zu früher habe sein Ruf im "seriösen" Hollywood darunter nicht gelitten: "Gegen Ende der 90er gab es so eine Art Porno-Chic, eine Zeit, in der Pornos als sehr cool galten. Daher hat es sich nie auf meine Karriere ausgewirkt."

Horror, Wrestling, Pornografie
Neo-Hollywood-Regisseur Gregory Dark hat einen ähnlichen Hintergrund. Vor seinem in den USA im Mai angelaufenen Horrorstreifen "See No Evil" inszenierte er Filme wie "Sex Freaks" und "The Devil in Miss Jones 5: The Inferno". Finanziert wurde "See No Evil" vom Profi-Catcher-Konzern World Wrestling Entertainment.

Damit ist der Film ein Vorzeigebeispiel dafür, wieso die einst geächteten "Schmuddelfilm"-Regisseure derzeit im Mainstream punkten können: Immer öfter übernehmen Investoren außerhalb des herkömmlichen Filmgeschäfts die Finanzierung von Filmen - und sie bringen neue Methoden mit.

Frischer Wind
Das alte Studiodogma, dass ein Crew-Mitglied mit Porno-Vergangenheit schlecht für die PR ist, gilt nicht mehr; eher dominiert die Ansicht, dass Mitarbeiter, die nicht im etablierten Studiosystem groß geworden sind, frischen kreativen Wind in die Produktion bringen - mehr dazu in "Hollywoods neue 'Goldgräber'".

"Piraten" für den Mainstream
Aber auch inhaltlich rücken Hollywood-Entertainment und Pornografie näher zusammen. Pünktlich zum Start von "Fluch der Karibik 2" bringt Porno-Regisseur "Joone" etwa seinen Hardcore-Streifen "Pirates" neu geschnitten und entschärft für den Mainstream-Markt heraus.

"Als Filmemacher willst du, dass möglichst viele Leute deinen Film sehen. Aber als Porno-Filmer sind deine Vertriebskanäle oft stark beschränkt", erklärt "Joone" den Schritt in der "L. A. Times".

Pornodreh mit den Nachbarn
Auf der anderen Seite sind in der Tradition von "Boogie Nights" derzeit mehrere "seriöse" Filme in Produktion, die sich mit der Hardcore-Branche befassen.

In der im Herbst startenden Komödie "The Amateurs" spielt Jeff Bridges einen Kleinstadt-Loser, der seine Nachbarn dazu verpflichtet, in einem Porno-Streifen mitzuspielen. Und in der Satire "Blue Movie" geht es darum, dass ein großes Hollywood-Studio insgeheim einen Porno-Film produziert.
[via orf.at]

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